Heute zu Gast bei erLEUCHTEnd erzählt
Mein Name ist Frank van der Heijden. Ich bin Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing bei Egger Getränke und der Privatbrauerei Fritz Egger. Wir sind einer der größten Hersteller von Bier und alkoholfreien Getränken in Österreich. Unsere Produktion steht vor den Türen von Wien, in Niederösterreich. Wir sind ein stolzes Familienunternehmen, das seit über 30 Jahren hier vor Ort anwesend ist.
Was ist Ihre Story?
Ich bin jetzt vor mehr als 20 Jahren aus meiner Heimat ausgewandert. Ich habe in diesen 20 Jahren erlebt und gelernt, dass man sich selbst nicht ändern kann, aber lernen kann mit sich selber umzugehen. Was mich vor allem überrascht hat ist, wie sich bestimmte Benehmens-Muster oder Werte, oder Normen, die man in den jungen Jahren kennenlernt, später etablierten oder manifestieren, wenn man unterwegs ist. Zwei prägende Erlebnisse waren:
Das erste Mal war ich in Belgien, ich war Anfang 20, musste meinen Legerdienst machen. Ich bin ins NATO-Headquarter in Brüssel entsandt worden, war aufgeregt wie ein 3-Jähriger. Das war mein erstes Auslandsabenteuer und ich hatte ein Vorstellungsgespräch über ein EDV-Projekt. Ich hatte ein super Gespräch, inhaltlich, technisch, alles passt. Dann fragt mich die Dame, die meine Vorgesetzte werden sollte: „Hätten Sie ein Problem damit für eine Frau zu arbeiten?“ Dann bin ich fast vom Stuhl gerutscht oder hab zumindest im Gesicht ein großes Fragezeichen gehabt. „Sind Sie verwirrt und überrascht?“, „Ja, warum stellen sie die Frage?“ Dann hat sie mir erklärt, dass in ihrer Kultur das oft ein Problem war. In meiner nicht.
…
Abseits von der Liebeserklärung meiner Frau war das vielleicht das größte Kompliment, das ich jemals im Leben von jemanden bekommen habe. Aber es war eine Bestätigung von „Du bist, wie du bist; du tust, wie du bist“ und wie du das gewohnt bist, authentisch. Für manche Leute ist das ein riesiges Erlebnis. Das hat mir eigentlich geholfen dann auf dem weiteren Weg. Ich bin danach von Amerika nach Deutschland gegangen und am Ende in Österreich gelandet, um zu sein, wie ich bin. Zu verstehen und zu akzeptieren, dass die Welt um mich herum nicht immer gleich ist, aber die auch nicht ändern zu wollen, sondern zu respektieren und zu akzeptieren. Mit dem komme ich jetzt relativ glücklich durchs Leben.
Wer hat Sie erleuchtet?
Also ich komme dann immer zurück auf meinen Chef während meiner Zeit in Deutschland. Damals habe ich an einem Projekt gearbeitet, das mit der Vorbereitung der Fußball Weltmeisterschaft zu tun hatte. Ich kam zum Vorstellungsgespräch und hab dann den Peter getroffen. Peter Rettig aus Bottrop. Peter war gerade umgezogen vom Ruhrgebiet nach Berlin. Die Firma hat das Büro verlegt. Peter war aber unglaublich angefressen über diesen Umzug. Er hat mich dann hingesetzt, wir haben eine Stunde geredet, da hat er gesagt: „Frank, jetzt erzähle ich dir, wie das hier funktioniert. Du bist der Grund, also wenn ich dich einstelle, bist du der Grund, dass ich abends um 5 ohne Kopfschmerzen nach Hause gehen kann. Solange du das tust, dann bin ich zufrieden. Umgekehrt werde ich dafür sorgen, dass du auch etwas lernst. Sodass, wenn du weggehst, dass du sagen wirst, der Rettig war schwierig, aber der hat mir was gebracht.“
Und was Peter extrem gut gemacht hat ist, seiner Abteilung, seinem Team, Platz geben zu arbeiten. Mit dem hast du dich (die Österreicher würden sagen) tief gefetzt, aber wenn man sich dann geeinigt hat, dann hat er sich auch quer vor dich gestellt. Dann ist nichts oder niemand mehr darangekommen, er hat dafür gesorgt, dass du machen kannst. Bei ihm konntest du auch Fehler machen. Das bedeutet nicht, dass er dann gesagt hat „Fehler, egal.”“ Nein. Dann ist es auch zur Sache gegangen, aber immer wieder mit dem Hintergrund, du wirst von der Erfahrung etwas lernen. Was Peter noch ausgezeichnet hat war, dass er eine Vision hatte und die hatte auch ohne Rücksicht auf Risiken oder Verlust auch für sich selber umgesetzt. Wir waren damals in einem großen Konzern und es ging um eine globale Kampagne. Peter hat gesagt die Kampagne ist nicht gut für unseren Markt, er macht was anderes. Dann hat sein Chef zu ihm gesagt: „Herr Rettig, wenn das nicht funktioniert, dann bist du durch, dann ist es aus.“ Dann hat Peter gesagt: „Du (wie hieß der Chef…? Das war ein Südafrikaner…Derek!) aber wenn wir den anderen Scheiß machen, dann ist die ganze Firma durch und das wird uns nicht helfen. Ich mache das jetzt und das interessiert mich nicht, ob das dann ein Risiko ist“.
So haben wir das dann gemacht. Wir hatten die beste Kampagne der Historie. Ich habe damals noch mit Unterstützung von Peter, ich würde sagen nur wegen Peter, eine Outdoor Kampagne gemacht und habe den deutschen Outdoor Preis gewonnen, aber diese unconditional Unterstützung – das war brillant. Und es gab sonst noch Menschen, von denen du einzelne Teile gelernt hast. Mein Chef in Amerika war ein blitzgescheiter Consultant – da habe ich viel Handwerk gelernt. Mein holländischer Chef hat immer gesagt, da ging es um Führungsstil, wie kann ich Menschen führen und wie gehe ich mit Gruppen um. Ein berühmter Spruch von ihm war: „Verschiebe nicht auf morgen, was du heute von jemanden anderen machen lassen kannst.“ Fand ich auch genial. Aber Peter war in seiner einerseits Härte, und andererseits diese unglaubliche Verbundenheit. An den denke ich oft noch zurück.
Was traut man Ihnen eher nicht zu?
Geduld ist so ein Thema, was dann oft zurückkommt. Ich hatte mal das Vergnügen, als ich noch in einem großen Konzern gearbeitet habe, auf einen Kurs geschickt worden zu sein. Das war eine Woche. Das hieß damals „Looking at Leadership“ – das war brillant. Eine Gruppe von zwölf Kursteilnehmer mit 6 Psychologen. Die haben uns eine Woche durchgehend durchgecheckt. Also angefangen mit der Vorbereitung bis zu 360 Grad Feedbackbögen von Kollegen, Mayers-Briggs Profil, dann einen Business Case, dann haben sie den Business Case auf Gruppenergebnis, die Dynamik und persönliche Performance analysiert. Beim Kennenlernen in der Gruppe mit zwölf am ersten Tag., bevor wir jetzt das standardmäßige „Ich bin … und ich komme aus…“, sollte jeder 10 Minuten mit seinem Nachbarn sprechen und der Nachbar stellt dich dann vor. Neben mir saß ein Italiener von Eli Lilly, den ich in meinem Leben noch nie gesehen hatte, den ich danach nicht wieder gesehen habe. Mit dem habe ich zehn Minuten gesprochen der fängt an mit: „Der Frank kommt aus Holland, er ist 30 Jahre alt und ich glaube der ist ein Draufgänger und nicht so geduldig und mit dem kannst du zu viel Spaß haben.“ Da habe ich gedacht: „So much for a second impression.“ Also dieses nicht geduldig sein ist eine Mahnung meines Umfeldes und das kann ich nicht ändern. Sonst glaube ich, gibt nicht so viele Sachen, die man mir nicht zutraut.
Was gefällt Ihnen an erLEUCHTEnd erzählt?
Weil ich das Konzept einfach cool finde und ich auch aus einer Welt, aus einer Kultur komme, wo die Hierarchie im Prinzip nur eine administrative Funktion hat. Es braucht irgendwann jemanden, wenn fünf Leute diskutieren, der sagt: „Komm, Zeit ist nicht endlos, jetzt müssen wir die Entscheidung treffen.“ Und wenn wir uns in der Diskussion nicht einigen können, dann muss einer sagen ““So ist das.“ Oder es jemanden, der die Spesen unterschreiben muss. Und irgendwer muss die Rechnungen mitunterschreiben. Oder der ins Firmenbuch hinterlegt ist, damit er Dinge tun kam. Das holländische Modell sagt die Hierarchie nichts über Fähigkeiten oder über Erfahrung oder über Intelligenz. Und die Art und Weise, wie wir diskutiert haben, da hast du nicht gewusst, wer Chef ist, weil der ist genauso angegangen, kritisiert und hinterfragt worden. In meinem Wahrnehmen (und ich finde Deutsch eine wunderschöne Sprache – Wahrnehmung ist nicht Wahrheit und der Mensch hat nur seine Wahrnehmung und macht aus dem seiner Wahrheit) über meine Wahrnehmung sind Österreicher viel zu viel beeindruckt von der Hierarchie. Nur weil jemand Chef ist, hinterfrage ich nicht, was er sagt und das halte ich für lebensgefährlich. Deswegen fand ich dieses Konzept, wo man sagt, dass das auch nur ein Mensch ist, der kocht auch nur mit Wasser, der geht abends nach Hause zur Familie und dann sagt mein sechsjähriger Sohn: „Papa, hast du heute viele Flaschen von PJ Mask abgefüllt?“ Dieser Respekt für die Hierarchie, ich glaube das kann in Österreich ruhig ein bisschen weniger und bisschen mehr holländisch werden. Es ist so viel Erfahrung, so viel Intelligenz und so viel Talent in einer Organisation, die teilweise erstickt wird, nur weil es dieses Modell gibt und ich glaube nicht an das Modell. Ich finde das eine lustige Plattform, um die Sinnhaftigkeit einer Hierarchie mal zu erklären.
Warum haben Sie sich für diese Lampe entschieden?
Die Lampe steht ja in der Kiste am Foto und es war nicht nur die Lampe, sondern auch die Kiste. Weil die Kiste eine Holzkiste mit Obst am Acker mein erster Job war. Ich habe Pflanzen geerntet und Kisten gefüllt und es war harte Arbeit und hartes Handwerk. Das hat mich wieder zurückerinnert oder mich realisieren lassen, wie privilegiert wir eigentlich sind. Natürlich haben wir viel Aufwand und natürlich haben wir gewisse Verantwortlichkeit, aber was ich tue ist im Vergleich zu was viele von meinen Kolleginnen und Kollegen an der Linie tun, weit weg von harter Arbeit. Ich habe einen schönen Sessel, ein geräumiges Büro, super Luftqualität und die stehen dann acht Stunden an der Linie im Lärm, in der Feuchtigkeit. Also es bringt dich ein bisschen wieder auf den Boden und sagt, realisiere, wie gut du es hast.
Der zweite Teil von der Lampe, weil der Stern im Himmel ist so oft das Zeichen von es wird besser, du darfst dir etwas wünschen. Und der dritte Grund ist eine ganz persönliche Geschichte. Als ich meine jetzige Frau kennengelernt habe und als wir angefangen haben miteinander weg zu gehen, haben wir ihren 30 Geburtstag gefeiert in London und ich habe ihr damals einen Stern mit ihren Namen als Geburtstagsgeschenk gegeben. Ich glaube das war zu der Zeit, als diese österreichische Hymne “Ein Stern, der deinen Namen trägt”. Es war total kitschig, aber es ist super angekommen. Man kann ein Zertifikat bekommen, darauf steht dieser winzige Stern heißt ab jetzt Sonja. Das war die Verbindung zum Stern.
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